Wenn Jerzy Jedlicki (via) einen „neuen Typus des Intellektuellen [fordert] – sensibel gegenüber Leiden und Unrecht, bereit zum Protest gegen Verfolgungen und Ungerechtigkeit, dabei aber Individualist und Skeptiker, der niemals als Apostel der Einen Wahrheit auf die Fähigkeit zum kritischen Denken und Zweifeln verzichtet“, weiß ich mich gewiß auf seiner Seite. „Sie werden dieser Haltung moralischen Relativismus vorwerfen und nachzuweisen versuchen, wie nutzlos solche Weicheier seien, die sich auf Vorbehalte und Zweifel, auf all diese verschiedenen 'Aber' spezialisiert hätten, wo die Menschen doch vor allem des Gefühls eines kollektiven Sinnes bedürften – und dessen Quellen könnten allein Glaube und Tradition sein.“
Kein anderes Ideal hat Foucault beschrieben und - im entscheidenden Unterschied zu vielen der vermeintlich Intellektuellen, denen man im Alltag begegnet - gelebt: „Ich träume von dem die Evidenzen und die Universalitäten zerstörenden Intellektuellen, dem Intellektuellen, der in den Trägheiten und Zwängen der Gegenwart die Schwachpunkte, die Öffnungen und die Kraftlinien entdeckt und anzeigt, dem Intellektuellen, der unaufhörlich seinen Platz wechselt, der nicht genau weiß, wo er morgen sein oder was er morgen denken wird, denn er achtet zu sehr auf die Gegenwart“ (via).
Für mich ein weiterer Impuls also, um den letzten Absatz der "Fallstricke" in seiner vollen Begründung erfassen zu können: Geisteswissenschaftliche Kritik nach dem Konzept Foucaults und ökonomische bzw. juristische Lehre bilden zwei Felder, die ungleichen Machtgewichts sind und mit unterschiedlicher Distanz zu den Gravitationsschwerpunkten Politik, Wirtschaft und Globalisierung stehen.
Erst vor dem Hintergrund dieser Einsicht gewinnt meine Forderung nach einem Feldwechsel die Dringlichkeit, die ich ihr zuschreibe: Wir kommen meines Erachtens nicht umhin, diesen Schritt heraus aus den hermetischen Geistesanstalten zu tun. Man bringt sich ansonsten unweigerlich in Erklärungsnot, in Bedrängnis, zum Ethiker zu werden, der seine Ethik zu leben vergisst (metepsilonema). Woher also nur, frage ich mich immer wieder, die überdimensionalen Hemmungen?
zitiert: Foucault
at 9.10.08 Posted under Denkschubladen: Auswege, Wissenschaftstheorie
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