Mittendrin statt nur dabei

Wenn ich in dem kleinen Pro und Kontra über die Harmonie bei nerone zuletzt immer wieder behauptet habe, eine der maßgeblichen Qualifikationen für das Recht auf Mitsprache in einer Angelegenheit sei eine möglichst unmittelbare Nähe zum diskutierten Gegenstand, wollte ich damit im Kern folgendes betont wissen: dass die Fruchtbarkeit einer Diskussion von dem Grad empathischer Teilhabe lebt. Wer das Diskutierte / dem Diskutierten Ähnliches nie erlebt hat, kann kaum für sich in Anspruch nehmen, für oder gegen die Sache Position beziehen zu können. Wer meint, er könne fehlende Erfahrung durch Empathie ausgleichen, täuscht sich meines Erachtens grundlegend. Empathie ist nicht kreatives Vorstellungsvermögen; Empathie ist Erfahrung, übertragen auf fremde, aber ähnliche Deutungs- oder Wirkungszusammenhänge – auch wenn die Psychoanalyse meiner Position schärfstens widerspricht. Man höre Dante kurz vor seinem Aufstieg auf den Läuterungsberg:

Wenn ich die harten, rauhen Verse hätte,
Wie sie dem traurigen Abgrund ziemen würden,
Zu welchem alle andern Felsen führen,
So könnte ich den Saft aus meinem Stoffe
Viel besser pressen; doch weil sie mir fehlen,
Geh ich nicht furchtlos an die weitre Rede.
Denn nicht zum Scherze ist das Unterfangen,
Den Grund des Universums zu beschreiben,
Und nicht für Kindlein, die die Mutter rufen.
Es mögen meinem Lied die Frauen helfen,
Die einst bei Thebens Bau Amphion halfen,
Daß Sache sich und Wort nicht unterscheiden.



(Dante Alighieri, Die Göttliche Komödie, Einunddreißigster Gesang, 1-12)