Meine bereits so oft vorgetragene, mich motivierende Sorge in Nietzsches Worten:
"Es mag das Erstaunlichste geschehen, immer ist die Schar der historisch Neutralen auf dem Platze, bereit, den Autor schon aus weiter Ferne zu überschauen. Augenblicklich erschallt das Echo: aber immer als 'Kritik', während kurz vorher der Kritiker von der Möglichkeit des Geschehenden sich nichts träumen ließ. Nirgends kommt es zu einer Wirkung, sondern nur wieder zu einer 'Kritik'; und die Kritik selbst macht wieder keine Wirkung, sondern erfährt nur wieder Kritik. Dabei ist man übereingekommen, viele Kritiken als Wirkung, wenige oder keine als Mißerfolg zu betrachten. Im Grunde aber bleibt, selbst bei sotaner 'Wirkung', alles beim alten: man schwätzt zwar eine Zeitlang etwas Neues, dann aber wieder etwas Neues und tut inzwischen das, was man immer getan hat. Die historische Bildung unserer Kritiker erlaubt gar nicht mehr, daß es zu einer Wirkung im eigentlichen Verstande, nämlich zu einer Wirkung auf Leben und Handeln komme: auf die schwärzeste Schrift drücken sie sogleich ihr Löschpapier [...] Gerade in dieser Maßlosigkeit ihrer kritischen Ergüsse [...] verrät sich die Schwäche der [post]modernen Persönlichkeit."
Friedrich Nietzsche, "Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben", in: Unzeitgemäße Betrachtungen, 5. Abschnitt.